Keine Langeweile beim Angelsportverein Oppenheim in 2016
Zum Bericht: Artikel in der Allgemeinen Zeitung
Dieter Rüdiger weiß genau um den Ruf, den sein Hobby bei manchen genießt. „Was ist noch langweiliger als Angeln?“, fragt er – und antwortet selbst: „Zuschauen beim Angeln.“ Also wirft er die Route lieber selbst ins Wasser, und das seit 60 Jahren. „Ich bin mit 13 Jahren zum Verein gekommen“, erzählt der Zweite Vorsitzende des Angelsportvereins Oppenheim, „als Jugendliche hatten wir Bambusspitzen und ein bisschen Schnur, damit sind wir ab an den Hafen – wie das damals halt so war am Rhein. Wir sind ja am Wasser groß geworden.“ Auch die Zeiten, in denen im Rhein für Angler nichts zu holen war, hat Rüdiger mitbekommen. Es war die Zeit, in der der Angelsportverein einen großen Zulauf hatte. „Dann wollten auf einmal alle an unsere Gewässer“, erinnert sich der Erste Vorsitzende Thomas Herzog. 220 Mitglieder zählte der Klub in den 1990ern, gute 160 sind es aktuell.
Natur- und Gewässerschutz sind weitere Aufgaben
Neben dem Angeln zählen Natur- und Gewässerschutz zu den Hauptaufgaben des 1925 gegründeten Vereins, der sich vor allem um die Kiesgrube am Rhein und das Klubgelände am Sandloch kümmert.
An dem vor gut 60 Jahren errichteten Vereinsheim erinnert eine Hinweistafel auf Kopfhöhe noch an Pegelstände der 50er-Jahre. „Das Gebiet ist immer wieder überflutet“, erzählt Herzog. Auf diese Weise ist der aus Grundwasser gespeiste See im 19. Jahrhundert überhaupt erst entstanden. Der Verein hält ihn per Erbpacht. Wesentlich jünger ist die Kiesgrube, die im Zuge des Ausbaus der Fährstraße Anfang der 70er-Jahre ausgehoben worden ist. Sie ist deutlich größer und wird etwa zur Hälfte als Natur- und Vogelschutzgebiet genutzt. „Da sind Eisvögel, Wasservögel und Amphibien drin“, berichtet der Vorsitzende.
Die Liebe zur Natur ist eine wichtige Antriebskraft für die Angler. „Man muss nur einmal morgens um vier Uhr am Wasser sein, wenn die Natur erwacht“, schwärmt Rüdiger, „dann kommen die Rehe ans Wasser, und darin geht das Leben los.“ Und außerdem „ist der Jagd- und Angeltrieb doch irgendwie Teil des Menschen“. Noch in den 70er- und 80er-Jahren kam der sportliche Ehrgeiz dazu, als die Angelsportler regelmäßige Teilnehmer bei den Deutschen Meisterschaften waren. Mittendrin in der gut 15-köpfigen Sportanglergruppe: Dieter Rüdiger. „Der Sport am lebenden Objekt passt heute nicht mehr in die Zeit“, erklärt der Vereins-Vize, „was man fischt, soll man essen“, fügt Herzog hinzu, der seit über 30 Jahren den Vorsitz innehat. Getreu diesem Motto macht sich eine Gruppe von 15 bis 20 Klubmitgliedern inklusive Ehefrauen Jahr für Jahr nach Bayern auf, um über ein langes Wochenende Fisch zu fangen. Gut 500 Stück sind es im Schnitt, die beim Fischfest auf dem Vereinsgelände verzehrt werden.
„Da sind immer ungefähr 500 Gäste da“, berichtet Herzog. Drei Dutzend Helfer sind dann im Einsatz, 200 Kilogramm Fisch werden binnen zweieinhalb Stunden zubereitet. „Allein 15 Leute, die Fisch braten, haben wir dann da“, erzählt Rüdiger. „Aber ob es das in zehn Jahren noch so gibt, wissen wir nicht.“ Der Grund: Wie so viele Vereine, wird auch der Angelsportverein im Schnitt immer älter. Zwar gibt es eine achtköpfige Jugendgruppe, aber gerade was die Helfer angeht, fehlt der Nachwuchs. Und bei lediglich 21 Euro Jahresbeitrag sind die Einnahmen aus den Festen überlebensnotwendig für den Verein.
Immer wieder betätigen sich die Angler gemeinnützig und bieten seit über 30 Jahren einmal im Jahr im Altenheim ein kostenloses vorweihnachtliches Fischessen an. Am Maifeiertag kamen vor zwei Jahren am Fischstand 900 Euro Reinerlös für die Stiftung Bärenherz zusammen. Auch Katharinenkirche, Tafel und Kindergarten kamen schon in den Genuss von Zuwendungen durch die Angler. Hinzu kommt die Unterhaltung der Gewässer. Das Sandloch musste vergangenes Jahr für gut 10 000 Euro zuzüglich diverser Arbeitsstunden mal wieder gereinigt werden. Es ist also immer was zu tun. „Ich muss bald wieder nach Spanien“, lacht Rüdiger, „das mache ich jedes Jahr: 14 Tage Angeln in Norwegen, drei Wochen in Spanien.“ Dann gibt es Zander, Barsch und Kabeljau. Selbst angeln und dann essen, das ist nicht nur für den Niersteiner alles andere als langweilig.